13. Oktober 2021
Gerade im Zuge der Covid-Pandemie werden im Schulunterricht vermehrt digitale Bildungsangebote genutzt. Das führt bei Schüler:innen zu langen Listen an Login-Daten für die unterschiedlichen Anwendungen. Wie dies zukünftig durch das Projekt "VIDIS" vereinfacht werden soll und welche Synergieeffekte es hierbei mit XSchule geben könnte haben wir am 13.10.2021 mit Michel Smidt (Projektleiter VIDIS) und Tobias Marx (IT Architect VIDIS) besprochen.
VIDIS ist ein Projekt des FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht und steht für „Vermittlungsdienst für das digitale Identitätsmanagement in Schulen“.
1. Welche Problemstellung soll VIDIS lösen?
Es gibt in jedem Bundesland unzählige Bildungsanwendungen, die von den Schüler:innen und Lehrkräften genutzt werden. Aktuell ist bei jeder einzelnen Bildungsanwendung eine individuelle Anmeldung erforderlich, was nicht besonders nutzerfreundlich ist. VIDIS will dieses Problem lösen und für alle 16 Bundesländer eine föderale Anmeldung für Lehrkräfte und Schüler:innen einführen. Dabei geht es also nicht um eine gemeinsame föderale Bildungsanwendung, sondern um eine gemeinsame Schnittstelle der unterschiedlichen Anwendungen, die es Nutzer:innen ermöglicht, sich überall mit den existierenden Login-Daten der jeweils genutzten Schulplattform anzumelden.
2. Wie ist die technische Umsetzung geplant?
Bildungsanwendungen können den VIDIS-Loginbutton in ihr System integrieren. Über diesen Loginbutton können sich Nutzer:innen wie bisher an ihrer Heimatorganisation anmelden, allerdings ohne alle Daten ungefiltert mit den angebundenen Angeboten zu teilen. VIDIS übermittelt je nach Angebot nur die Daten, die wirklich zur Nutzung erforderlich sind. Welche Daten das sind, wird gemeinsam mit den Anbietern von Bildungsangeboten den jeweiligen Ministerien und Aufsichtsbehörden abgestimmt und über entsprechende AVVs und Verträge verbindlich festgelegt. Nutzer:innen können sich bei der Nutzung der digitalen Bildungsangebote also immer sicher sein, sich datenschutzrechtlich abgesichert zu bewegen.
Wenn Nutzer:innen auf den Button klicken, wählen sie einmalig ihre Schule bzw. ihr Bundesland aus, werden anschließend zur Loginseite ihrer jeweiligen Schulplattform weitergeleitet, melden sich dort an und werden wieder zurück zur Bildungsanwendung weitergeleitet. Wir nutzen die Schulplattformen also als Identity Provider für ein bequemes Single-Sign-On (SSO) mittels standardisierter OpenID Connect Schnittstellen. VIDIS agiert hierbei als ID-Vermittlungsdienst zwischen den Schulplattformen und den Bildungsanwendungen, ohne die Identitäten der Nutzer:innen preiszugeben.
3. VIDIS kümmert sich also hauptsächlich um technische Interoperabilität zwischen den Systemen, während XSchule eine semantische Interoperabilität zum Ziel hat. Gibt es trotzdem Überschneidungen / Synergieeffekte mit XSchule?
Überschneidungen der zwei Projekte treten auf jeden Fall beim Thema "Datenmodell" auf. Das aktuelle VIDIS Datenmodell sieht zwar nur das Übernehmen der pseudonymisierten ID aus den Landessystemen vor, sowie das Abbilden der jeweiligen Rolle der Person (z.B. ob es sich um eine Lehrkraft oder einen Schüler handelt) und der Schulzugehörigkeit. Das VIDIS Datenmodell wird zukünftig aber eventuell wachsen, um weitere Use Cases zu unterstützen. Angedacht ist beispielsweise die Klassenzugehörigkeit mit in das Modell aufzunehmen, um diese Datenfelder einzelnen Angeboten mit begründeter Notwendigkeit zu Verfügung stellen zu können. Für Lehrkräfte macht es zudem Sinn zu hinterlegen, welche Fächer sie unterrichten. Deshalb wäre es für das Projekt VIDIS hilfreich, wenn eine im Vorhaben XSchule entwickelte Codeliste für die Fächer nachgenutzt werden könnte. Auch eine bundesländerübergreifende Liste aller Schulen könnte im Projekt VIDIS genutzt werden.
Aufgrund des föderalen Bildungssystems haben wir es mit sehr vielen unterschiedlichen Daten und Metadaten zu tun – beispielsweise unterschiedliche Schulformen und Unterrichtsfächer. Wir freuen uns daher sehr, dass wir auf die Erkenntnisse und Ergebnisse von XSchule aufsetzen können.
4. Was sind neben der technischen Umsetzung weitere Herausforderungen von VIDIS?
VIDIS nimmt nicht nur die technische Ebene in den Blick, sondern versucht bereits frühzeitig auf rechtlicher Ebene Klarheit zu schaffen. Mithilfe von Vereinbarungen zwischen den Ländern und Bildungsanwendungen soll die Frage geregelt werden, welche Daten in welcher Form weitergegeben und welche Daten von VIDIS im Rahmen einer Auftragsverarbeitungsvereinbarung verarbeitet werden dürfen. Durch diese Regelungen auf einer höheren Ebene wird die Nutzung für die einzelnen Schüler:innen vereinfacht und erleichtert ihnen die Teilnahme am Bildungsangebot.
5. Eine einheitliche SchülerID ist in unseren Bundesländer-Workshops immer ein spannendes Thema. Wie geht VIDIS mit Personen-IDs um?
Unser System selbst führt keine Daten von Nutzer:innen und erstellt demnach auch keine Personen-IDs. VIDIS vermittelt nur zwischen den Schulplattformen (Identity Providern) und Bildungsanwendungen. Wir sind also auf die IDs der Identity Provider angewiesen. Diese werden uns pseudonymisiert übermittelt. Die Bildung von Persönlichkeitsprofilen wird dadurch sowohl bei uns als auch bei den Bildungsanwendungen verhindert. Einheitliche IDs im Sinne einer SchülerID kommen bei uns also nicht zum Einsatz.
6. Wie geht es jetzt bei VIDIS weiter?
Aktuell befinden wir uns im Proof of Concept mit den ersten Bundesländern und Bildungsanwendungen. Diesen möchten wir nun Schritt für Schritt mit weiteren Bundesländern und Anwendungen ausbauen und in eine Pilotphase überführen.
Selbstverständlich gibt es eine Reihe an Ideen, Wünschen und Anforderungen die an uns herangetragen werden. Wie hier die einzelnen Weiterentwicklungen aussehen stimmen wir eng ab. In jedem Fall merken wir, dass es bereits jetzt einen sehr zielführenden und effizienten Austausch mit den einzelnen Bundesländern gibt – und das möchten wir auch zukünftig aktiv weiter stärken und ausbauen. Wir sind fest davon überzeugt, dass diese Art von länderübergreifendem Projekten zu einer Beschleunigung bei der Weiterentwicklung der bundesweiten Bildungsmedieninfrastruktur führt.
Das wichtigste jetzt ist aber, bundesweit einheitliche Standards zu setzen und alle Beteiligten an Bord zu holen - wie bei Ihnen bei XSchule.
Wir danken VIDIS für das Gespräch und wünschen viel Erfolg in der weiteren Umsetzung!